Rechtsanwalt

Peter Sennekamp

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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§ 13 b BauGB zur Aufstellung von Bebauungsplänen unter Einbeziehung kleiner Außenbereichsflächen unionswidrig - Entscheidung des BVerwG vom 18.07.2023 Az. 4 CN 3.22

Worum geht es in der Entscheidung?

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung vom 18.07.2023 entscheiden, dass Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden dürfen, da § 13 b BauGB europarechtswidrig ist und gegen die SUP-Richtlinie (Richtlinie 2001/42/EG – Richtlinie über die strategische Umweltprüfung) verstößt. Diese Entscheidung geht von ihrer Wirkung weit über den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hinaus und betrifft hunderte von Bebauungsplänen deutschlandweit.


Sachverhalt

Der Antragsteller, eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan einer Gemeinde in Baden-Württemberg. Dieser setzt für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südwestlichen Ortsrand der Gemeinde im planungsrechtlichen Außenbereich ein (eingeschränktes) allgemeines Wohngebiet fest. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt. § 13 b BauGB erklärt die Regelungen über die Aufstellung von Bebauungsplänen der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren auch für Bebauungspläne außerhalb bebauter Ortsteile mit einer Grundfläche von weniger als 10 000 Quadratmetern für anwendbar, durch die Wohnnutzungen zugelassen wurde, sofern sich diese Flächen an die im Zusammenhang bebauten Ortsteile anschließen.  Durch diese Regelung konnte durch die planende Gemeinde von den normalerweise geltenden Regelungen, welche für die Aufstellung von Bebauungsplänen gelten, abgewichen werden. Unter anderem wurde unter Anwendung des § 13 b BauGB keine normalerweise notwendige Umweltprüfung durchgeführt.


Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag als unbegründet abgewiesen. Die Durchführung des beschleunigten Verfahrens begegne keinen Bedenken. § 13b BauGB sei mit der SUP-Richtlinie vereinbar, seine Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor.


Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Denn der Plan leidet nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts an einem beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Er war nämlich zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB erlassen worden. Die Vorschrift des § 13 b BauGB verstößt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts gegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 der SUP-RL. Art. 3 Abs. 1 SUP-RL verlangt eine Umweltprüfung für alle Pläne nach den Absätzen 2 bis 4, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Ob dies der Fall ist, bestimmen die Mitgliedstaaten für die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne entweder durch Einzelfallprüfung, Artfestlegung oder eine Kombination dieser Ansätze (Art. 3 Abs. 5 SUP-RL). Der nationale Gesetzgeber hatte sich in § 13b BauGB für eine Artfestlegung entschieden. Diese muss aber nach der Rechtsprechung des zur Auslegung des Unionsrechts berufenen Europäischen Gerichtshofs gewährleisten, dass erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber darf sich folglich nicht mit einer typisierenden Betrachtungsweise oder Pauschalierung begnügen.


Diesem eindeutigen und strengen Maßstab wird § 13b Satz 1 BauGB nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht gerecht. Anders als bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung nach § 13a BauGB, die der Inanspruchnahme von Flächen außerhalb des Siedlungsbereichs entgegenwirken sollen, erlaubt § 13b BauGB gerade die Überplanung solcher Flächen, die im Außenbereich liegen und bislang nicht überbaut wurden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13b Satz 1 BauGB – Flächenbegrenzung, Beschränkung auf Wohnnutzung sowie Anschluss an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil – sind nicht geeignet, erhebliche Umwelteinwirkungen in jedem Fall von vornherein auszuschließen. Das gilt schon wegen der ganz unterschiedlichen bisherigen Nutzung der potenziell betroffenen Flächen und der Bandbreite ihrer ökologischen Wertigkeit.

§ 13b BauGB darf daher wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht angewendet werden. Die Antragsgegnerin hätte somit nach den Vorschriften für das Regelverfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Umweltprüfung durchführen sowie einen Umweltbericht erstellen und der Begründung des Bebauungsplans beifügen müssen. Dieser beachtliche, vom Antragsteller fristgerecht (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) gerügte, Verfahrensmangel hatte die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge.


Fazit

Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht geht von seiner Wirkung weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus, sondern gilt für alle im beschleunigten Verfahren nach § 13 b BauGB aufgestellten Bebauungspläne. Den Gemeinden, die sich derzeit noch in der Aufstellung eines Bebauungsplans nach § 13 b BauGB befinden, ist dringend zu raten, ins Regelverfahren überzugehen und darin auch Umweltprüfung durchzuführen. Bebauungspläne, welche bereits als Satzung beschlossen wurden, dürften darüber hinaus nun vermehrt mit dem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO angegriffen werden, sofern die Jahresfrist zur Erhebung eines solchen Antrags noch nicht abgelaufen ist.


Vorinstanz:

VGH Mannheim, Urteil vom 11. Mai 2022 -3 S 3180/19 -


Herr Rechtsanwalt Sennekamp berät als Fachanwalt für Verwaltungsrecht Städte, Gemeinden, Projektierer und Bürger im Bau- und Bauplanungsrecht.

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