Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus (Bauturbo) in Kraft

Peter Sennekamp • 21. November 2025

Gesetz zur Beschleunigung des wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung seit Ende Oktober 2025 in Kraft

Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD hat der Bundestag am Donnerstag, den 9. Oktober 2025, den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung  (sog. Bau-Turbo) gebilligt. Das Gesetz ist bereits am 30.10.2025 in Kraft getreten und enthält ganz wesentliche Änderungen im Baugesetzbuch, welche vorrangig das Ziel verfolgen, den Wohnungsbau in Deutschland deutlich zu beschleunigen und günstiger zu machen. Folgende wesentlichen Änderungen im Baugesetzbuch (BauGB) sollen dabei helfen, die Kehrtwende zu schaffen:


1. Einführung einer Experimentierklausel (§ 246e BauGB)

  • Neu aufgenommen wird ein § 246e im Baugesetzbuch (BauGB), der Baubehörden - zunächst befristet bis zum 31.12.2030 - ermöglicht,  mit Zustimmung der Gemeinde von den Vorschriften des Baugesetzbuchs und aufgrund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften wie der BauNVO abzuweichen, wenn die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist und der Errichtung Wohnzwecken dienender Gebäude, der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung zulässigerweise errichteter Gebäude zwecks Schaffung neuen Wohnraums oder der Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen zu Wohnzwecken dient.
  • Abgewichen werden kann insbesondere auch von den Festsetzungen eines Bebauungsplans oder von den Vorgaben des § 34 BauGB, wonach ein Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich nur zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche in die nähere Umgebung einfügt. Selbst die Verwirklichung von Außenbereichsvorhaben zu Wohnzwecken soll ermöglicht werden, wenn das Vorhaben im räumlichen Zusammenhang Außenbereich zum Innenbereich errichtet werden soll.
  • Voraussetzung für die Anwendung des Bau-Turbos ist aber immer die Zustimmung der Gemeinde, welche auch nicht einklagbar ist oder von der Baurechtsbehörde ersetzt werden kann.


2. Mehr Flexibilität bei Befreiungen im Bebauungsplangebiet (§ 31 Abs. 3 BauGB)

  • § 31 Absatz 3 BauGB wird angepasst: Innerhalb eines bestehenden Bebauungsplans sollen künftig weitere Abweichungen möglich sein, um mehr Wohnbebauung zu ermöglichen (etwa Aufstockung, Anbauten, Hinterlandbebauung).
  • Die Zustimmung der Kommune ist weiterhin erforderlich, d.h. die Anwendung des „Bau-Turbos“ erfolgt nicht gegen den Willen der Gemeinde.


3. Erleichterter Wohnungsbau im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)

  • Es wird eine neue Option in § 34 Absatz 3b BauGB geschaffen: Auch im nicht überplanten Innenbereichen soll künftig leichter Wohngebäude errichtet werden dürfen. Damit soll die Nachverdichtung (z. B. Hinterhofbebauung oder Anbauten) stärker gefördert werden.



4. Lockerung beim Lärmschutz

  • Um mehr Wohnraum zu schaffen, gerade nahe vorhandener Gewerbegebiete, werden innovative Lärmschutzlösungen ermöglicht. Deutscher Bundestag
  • Konkret sollen Abweichungen von der „Technischen ­Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) in begründeten Fällen zulässig sein. Deutscher Bundestag+1


5. Verlängerung des Umwandlungsschutzes (§ 250 BauGB)

  • Der Schutz von Mietwohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wird gestärkt: Der Umwandlungsschutz nach § 250 BauGB wird um fünf Jahre verlängert.
  • Das soll verhindern, dass bestehende Mietwohnungen ohne weiteres in Eigentumswohnungen umgewandelt und wieder verkauft werden, was Mieter verdrängen könnte.


6. Verlängerung der Regelung für angespannte Wohnungsmärkte (§ 201a BauGB)

Auch die Regelungen für „Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt“ nach § 201a BauGB werden um fünf Jahre verlängert.  Dies gibt Kommunen weiterhin Instrumente, um in solchen Gebieten gezielt den Mietwohnungsbestand zu schützen.


7. Bedeutung und Einschätzung

Der Bau-Turbo ist zentral darauf ausgelegt, Planungsprozesse zu beschleunigen und Wohnungsbau an Stellen zu ermöglichen, wo bislang aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ein Vorhaben entweder gar nicht oder nur in kleineren Dimensionen möglich war. Gleichzeitig aber bleibt die grundrechtlich geschützte Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen erhalten, da die Anwendung der Vorschriften von der Zustimmung der Kommune abhängt.


Weitere Informationen erhalten Sie auf der Seite des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen unter https://www.bmwsb.bund.de/DE/bauen/baurecht/bau-turbo/bau-turbo.html.


 



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Am 1. Januar 2024 traten die wesentlichen Neuerungen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Mit dem MoPeG hat der Gesetzgeber in einer tiefgreifenden und umfangreichen Reform das Personengesellschaftsrecht grundlegend überarbeitet. Mehr als 140 Gesetze und Verordnungen werden durch das MoPeG geändert. Das neue Recht ist nicht nur bei der Neugründung von Personengesellschaften zu berücksichtigen, auch alle bestehenden Personengesellschaften müssen prüfen, ob die neuen gesetzlichen Bestimmungen eine Anpassung ihres Gesellschaftsvertrages, eine Änderung der Gesellschaftsform oder sonstige Maßnahmen erforderlich machen. Eine erste Übersicht über die wesentlichen Änderungen im Personengesellschaftsrecht finden Sie unter nachfolgendem Link: FAQ´s zum MoPeG Für eine Individuelle Beratung stehen Ihnen alle im Gesellschaftsrecht tätigen Anwälte von Nonnenmacher Rechtsanwälte und Steuerberater gerne zur Verfügung!
von Peter Sennekamp 8. Januar 2024
Mit dem Gesetz zur Digitalisierung baurechtlicher Verfahren vom 20.11.2023 (GBl. vom 24.11.2023, Nr. 20, S. 422 f.) sind für Baden-Württemberg einige wichtige Neuerungen in baurechtlichen Verfahren vorgenommen worden. Die wichtigsten Neuerungen sind dabei folgende: 1. Einreichung der Bauvorlagen für Baugenehmigungsverfahren und Kenntnisgabeverfahren nunmehr in elektronischer Form und nicht mehr bei der Gemeinde, sondern bei der Baurechtsbehörde § 53 Abs. 1 LBO Baden-Württemberg bestimmt nun, dass alle für die Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens oder des Kenntnisgabeverfahrens erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) und Anträge auf Abweichungen, Ausnahmen und Befreiungen bei der (unteren) Baurechtsbehörde einzureichen sind. Baurechtsbehörde ist bei kreisangehörigen Gemeinden in der Regel das zuständige Landratsamt oder die große Kreisstadt/Verwaltungsgemeinschaft, bei Stadtkreisen hingegen immer die Gemeinde selbst. In Ausnahmefällen können aber auch kleinere kreisangehörige Gemeinden selbst Baurechtsbehörde sein. Ein Verzeichnis über die unteren Baurechtsbehörden in Baden-Württemberg (Stand 05/2023) finden Sie hier. Die Baurechtsbehörde stellt die nach Satz 1 bis 3 eingereichten Anträge und Bauvorlagen nunmehr unverzüglich der betroffenen Gemeinde bereit. Abweichungen, Ausnahmen und Befreiungen sind gesondert zu beantragen. Der Bauantrag und die Bauvorlagen und auch Bauvoranfragen nach § 57 LBO sind elektronisch in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzureichen. Ab 1. Januar 2025 soll eine Einreichung in Papierform dann gänzlich ausgeschlossen sein. 2. Weitestgehender Wegfall von Angrenzerbenachrichtigung und Einwendungsverfahren Eine der wesentlichen Neuerungen besteht im weitestgehenden Wegfall des Angrenzerbenachrichtigungverfahrens. Darüber hinaus sind Einwendungen nunmehr elektronisch in Textform oder zur Niederschrift zu erheben. a. Bisherige Rechtslage Nach bisheriger Rechtslage wurden die Eigentümer angrenzender Grundstücke (Angrenzer) innerhalb von fünf Arbeitstagen ab dem Eingang der vollständigen Bauvorlagen von dem Bauvorhaben informiert und konnten sodann in der Regel innerhalb von 4 Wochen bzw. 2 Wochen bei Vorhaben im Kenntnisgabeverfahren Einwendungen erheben. Taten sie dies nicht, waren sie in der Regel mit allen Einwendungen ausgeschlossen, welche nicht rechtzeitig vorgebracht wurden (sog. materielle Präklusion). Die Benachrichtigung war nur bei solchen Angrenzern nicht erforderlich, die entweder eine schriftliche Zustimmungserklärung abgegeben oder die Bauvorlagen unterschrieben haben oder durch das Vorhaben offensichtlich nicht berührt wurden. Die Gemeinde konnte auch sonstige Eigentümer benachbarter Grundstücke (sonstige Nachbarn), deren öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange berührt sein können, innerhalb der Frist benachrichtigen. b. Neue Rechtslage Nach § 55 Abs. 1 LBO n.F. sollen die Angrenzer über Bauvorhaben neuerdings nur noch in Baugenehmigungsverfahren und nur noch dann informiert werden, wenn eine Abweichung, Ausnahme oder Befreiung von den Vorschriften des öffentlichen Baurechts erteilt werden soll, die zumindest auch dem Schutz des betroffenen Nachbarn dient. Dies ist allerdings in der Praxis meist nicht der Fall. Nur in diesen Fällen wird nunmehr der Angrenzer innerhalb von 5 Arbeitstagen ab dem Eingang der vollständigen Bauvorlagen durch die Gemeinde informiert. Einwendungen sind nunmehr gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 elektronisch in Textform oder zur Niederschrift vorzubringen. In der Praxis bedeutet dies, dass auch die unmittelbaren Angrenzer künftig nur noch in Ausnahmefällen von der Gemeinde über Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück informiert werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Nachbarinnen und Nachbarn in ihren sie selbst betreffenden schützenswerten Rechten gänzlich eingeschränkt werden. Vielmehr steht allen Angrenzern und Nachbarn, welche meinen, in ihren Rechten verletzt zu sein, der Rechtsweg offen, sie können gegen die dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung Widerspruch und nach Zurückweisung des Widerspruchs Anfechtungsklage erheben. Allerdings wird das Vorgehen dadurch erschwert, als der Nachbar von dem Baugenehmigungsverfahren unter umständen erst bei Erteilung der Baugenehmigung oder gar erst bei Baubeginn erfährt und somit in der Regel erst sehr viel später die Möglichkeit erhält, seine Rechte zu überprüfen und ggf. wahrzunehmen. Darüber hinaus entfalten Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung, so dass der Bauherr auch vor Bestandskraft der Baugenehmigung bereits mit dem Bau beginnen darf. Will man dies verhindern, muss zudem ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei Gericht gestellt werden. 3. Erteilung der Baugenehmigung in Schriftform oder elektronischer Form, Zustellung an Angrenzer § 58 Abs. 1 Satz 3 LBO sieht nunmehr vor, dass die Baugenehmigung auch in Textform gem. § 126 b BGB erteilt werden kann. Die Erteilung der Baugenehmigung in Schriftform - wie bislang - ist nicht mehr verpflichtend. Baurechtliche Entscheidungen sollen künftig elektronisch bekannt gegeben werden können. Dies ermöglicht es, digitale Baugenehmigungsverfahren medienbruchfrei, also durchgängig elektronisch durchführen zu können. Die Zustellung der Baugenehmigung an Angrenzer erfolgt nur noch dann, wenn diese Einwendungen im Baugenehmigungsverfahren erhoben und diesen nicht entsprochen wurde oder wenn deren öffentlich- rechtlich geschützten nachbarlichen Belange durch das Vorhaben berührt sein können. Es ist daher durchaus denkbar, dass in vielen Fällen die Angrenzer künftig erst durch den Baubeginn erfahren, dass eine Baugenehmigung erteilt wurde. Für weitere Beratung und Vertretung auf diesem Gebiet stehen Ihnen die auf das Verwaltungsrecht spezialisierten Anwälte von Nonnenmacher Rechtsanwälte gerne zur Verfügung!
von Stefan Neumann 27. Dezember 2023
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) sowie Haus & Grund informieren: Aktenzeichen für Verfahren in Berlin und Rheinland-Pfalz liegen vor. Hintergrund: Der BdSt und Haus & Grund Deutschland unterstützen mehrere Eigentümer, die sich gegen die Bewertung ihrer Grundstücke im Rahmen der Grundsteuerreform wehren und vor das BVerfG ziehen wollen. In Berlin und Rheinland-Pfalz wurden schon die ersten von beiden Verbänden begleiteten Klagen eingereicht. Jetzt liegen die Aktenzeichen vor: 3 K 3142/23 beim FG Berlin-Brandenburg bzw. 4 K 1205/23 beim FG Rheinland-Pfalz. Damit können Eigentümer, die gegen ihren Grundsteuerwertbescheid Einspruch eingelegt haben, nun das Ruhen des Verfahrens beantragen. Hierzu führt der BdSt weiter aus: Die Klagen richten sich gegen die Bescheide über die Feststellung des Grundsteuerwertes zum 1.1.2022 nach dem Bundesmodell. Die neue Bewertung war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisher geltende Bewertung für die Grundsteuer als verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert hat, ein neues Bewertungsverfahren zu schaffen. Ab Januar 2025 sollen die Kommunen die neue Grundsteuer aufgrund der Bescheide über den Grundsteuerwert und die darauf festgesetzten Grundsteuermessbeträge erheben. BdSt-Präsident Reiner Holznagel und Haus & Grund-Präsident Dr. Kai H. Warnecke halten die neue Bewertung im Bundesmodell aus zahlreichen Gründen für verfassungswidrig und unterstützen das Ziel, das neue Bewertungsverfahren vom Bundesverfassungsgericht erneut prüfen zu lassen. Im Rahmen der Klagen wird das Rechtsgutachten von Professor Dr. Gregor Kirchhof, das beide Verbände in Auftrag gegeben hatten, zur Begründung eingebracht. Der Verfassungsrechtler war zu dem Ergebnis gekommen: Das Grundsteuergesetz des Bundes ist verfassungswidrig! Vor allem die pauschal anzusetzenden Mieten bei der Bewertung der Grundstücke und die Bodenrichtwerte beeinflussen die Werte der Grundstücke deutlich. Mit ihren Musterklagen lassen beide Verbände prüfen, ob die Neubewertung der Grundstücke nach dem Bundesmodell verfassungsmäßig ist. Eigentümer können sich auf diese Musterklagen berufen und Einspruch gegen ihren Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert beim Finanzamt einlegen sowie das Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen beantragen. Kommt das Finanzamt dem Antrag nach, bleibt das Einspruchsverfahren bis zu einem Urteil in der Musterklage offen. Quelle: BdSt, Pressemitteilung v. 11.12.2023 (il) Mit freundlichen Grüßen Stefan Neumann Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht